Eine Fee ohne
Worte
Eine Fee ohne Worte 2013/2015
für Sopran, Vc, Harfe, Kl (2013/15)
Text: Ariane Braml
Uraufführung
25.3.2015, Zürich, Predigerkirche
Mitwirkende:
Anna Herbst, Sopran
Corinne Kappeler, Harfe
Ioanna Seira, Violoncello
Miranda de Miguel, Klavier
Dauer
5m
Werkkommentar
Überlegungen
zum Programm "Hexen"/"Hexenzauber". Die Hexen in unserem
Programm sind entweder junge, schöne Nixen
ohne Seele, die durch die Liebe eines
Mannes zu Menschenfrauen werden möchten,
die aber, da das meistens nicht gelingt,
sich selbst und allen Männern Unheil
bringen müssen (Loreley, Rusalka,
Melusine); oder es sind hässliche
Zauberinnen wie die Märchenhexe von Hänsel
und Gretel: böse, lügnerisch und Kinder
fressend. Dann gibt es noch die wilden
Walpurgisnacht Tänzerinnen, die sich an
bestimmten Orten treffen, um sich ihrem
Rausch hinzugeben. Zu einer Hexe gehört,
dass sie mit übernatürlichen Kräften
begabt ist und über besondere Kenntnisse
der Natur und ihrer Geisterwesen verfügt.
Dieses Wissen kann sie zum Verderben der
Menschen anwenden, aber auch um ihnen zu
helfen. Das Wort "verzaubern" enthält den
positiven und negativen Aspekt ihres Tuns.
In beiden Fällen waren die Hexen schon
immer den gesitteten Bürgern unheimlich.
In unseren Gegenden glaubte man die
Wahrsagerinnen und Kräutermischerinnen
mässigen zu können, indem man sie
christianisierte. Wenn sie trotzdem von
ihren magischen Handlungen nicht
abliessen, wurden sie bestraft. Im
schlimmsten Fall schickte man sie in die
Flammen. Bereits bei 2 Mose 22,17 heisst
es: "Du sollst die Zauberinnen nicht am
Leben lassen"; und 1975 wurde die
Feministin Emma Bonino, nachdem sie das
Informationszentrum für Sterilisation und
Abtreibung gegründet hatte, vom Papst als
Hexe bezeichnet. Zum neuen Stand der
Hexenverfolgung: Amnesty International
berichtet über fünfzig öffentliche
Tötungen von angeblichen Vertreterinnen
der Schwarzen Magie (Sorcery) im Juni 2008
auf Papua Neuguinea, und am 15.4.2013 war
in der NZZ von der Enthauptung einer
"Hexe" und der Verbrennung einer
20jährigen der Hexerei verdächtigen Mutter
zu lesen. Beides geschah öffentlich, im
Februar und April dieses Jahres, ebenfalls
auf Papua Neuguinea. Widerstand gegen
diesen Wahnsinn bezeugt das "Tremate,
tremate, le streghe son tornate (Zittert,
zittert, die Hexen kommen)", mit dem die
Frauen überall auf der Welt das
Schimpfwort auf ihr Banner schreiben, um
gegen Verfolgung und Vergewaltigungen auf
die Strasse zu gehen.
Eine Fee ohne
Worte. Ariane Braml schildert
in diesem 2012 geschriebenen und von Maria
Porten als Reaktion auf die schrecklichen
Ereignisse in Papua Neuguinea 2013
vertonten Gedicht Hexenprozess ein
naturverbundenes zartes schönes feenhaftes
Geschöpf, das niemandem etwas zuleide tut,
auf das aber ganz plötzlich ein Unheil
herab rasselt: "Hingerichtet unter
Wölfen". Kirchenmänner und Juristen zur
Zeit der Hexenverbrennungen z.B. in Zürich
(siehe Otto Sigg in seiner Dokumentation
"Hexenprozesse mit Todesurteil") legten
Wert darauf zu beteuern, dass die
Angeklagten "ordentliche" Prozesse -
einschliesslich natürlich grausamer Folter
- nach juristischen Regeln durchliefen,
bevor sie auf dem Scheiterhaufen oder auf
andere Art getötet oder freigelassen
wurden. In unserem Hexenprozess bleibt die
Fee "ohne Worte". Es gibt nur einen kurzen
Eingriff von Seiten der Musik, der
aufhorchen lässt: die Cellistin tritt wie
eine Repräsentantin der "Angeklagten" auf
und erinnert - wortlos natürlich auch sie
- an vorher gehörte Charakterisierungen
der Fee, so z.B. "sie kannte Zauberkraut".
Diese werden durch das neu hinzu kommende
Klavier kommentiert, sodass die wölfische
Hinrichtung am Schluss näher an einen
"Prozess" gerückt wird.
Partitur ZU ERGÄNZEN


Flyer der Uraufführung 2015

Ariane Braml (1969-2021)