Sargnääl möt Köpp
Sargnääl möt Köpp, 2011
für Vokalquartett SATB und Streichquartett (2011)
Text: Ludwig Soumagne
1. et wor ens a Paradies, 3m30
2. programmässig, 1m30
3. Spillzeug, 1m30
4. Motiv, 2m
5. Stadtjespräch, 1m30
6. Inflation, 1m45
7. Zucht, 2m30
8. Oppasse, 1m
9. Preis, 1m45
10. Richtersproch, 2m30
11. Alleen, 1m45
12. Behelp, 3m
Gesamtdauer
27m
Uraufführung
24.3.2011 Zürich, Theater Rigiblick
Mitwirkende:
Anna Herbst, Sopran
Jeannine Hirzel, Alt
Javier Hagen, Tenor
Samuel Zünd, Bass
Carmina Quartett
Matthias Enderle, Violine
Susanne Frank, Violine
Wendy Chamney, Viola
Stephan Goerner, Violoncello
Paul Wegman Taylor, Leitung
Gian Manuel Rau, Regie
Werkkommentar
Die Gedichte sind der Gedichtsammlung Sargnääl möt Köpp
(1974, Verlag H.P. Holstein, Rothenburg ob der Tauber) und der
Sammlung Brut vom Bäcker (1985, Verlag Johann van
Acken, Krefeld) entnommen. Der landkölnische Mundartdichter
Ludwig Soumagne greift in der Sammlung Sargnääl möt Köpp
auf gebräuchliche Wortverknüpfungen zurück, die er in
ungewohnte Zusammenhänge stellt und dadurch aufknackt. So
kommen wir in den Genuss der meist gallig schmeckenden Kerne.
ET WOR ENS A PARADIES (aus: Brut vom Bäcker).
Eigentlich hat Gott paradiesische Zustände für uns geschaffen.
Was die Menschen aber daraus gemacht haben, zeigen die
folgenden Beiträge.
PROGRAMMÄSSIG. Eine
mechanisch-rasant-schnell-überstürzt-chaotisch ablaufende
Endlosschleife, aus der nur eine Motivation deutlich hörbar
hervorsticht: einer muss gewinnen.
SPILLZEUG. Liegen die Puppen, die da so malträtiert
werden, in übervollen Kinderzimmern herum oder sind es
womöglich junge Frauen? Ein klägliches Lamentoso wandelt das
spielerische Zupfen der Saiten zu fallenden Halbtonstrichen.
MOTIV. Anstatt dass wir uns krampfhaft bemühen,
Einzige zu sein, könnten wir uns in freundlicher Harmonie die
Hand geben.
STADTJESPRÄCH. Was uns vom anderen interessiert, ist
nur konturloses Tongeschwätz, das sich schnell verbreitet -
und wieder in sich zusammenfällt.
INFLATION. Die Zeit vergeht in erbarmungslos
repetierten Akkorden. Die Menschen - alle im gleichen Boot -
reflektieren zwar musikalisch über ihr Lebenskapital, kommen
aber nicht dazu, es zu nutzen.
ZUCHT. In undefinierbaren Gruppen grast die
Schafherde, von einem einzigen Schäferhund im Zaum gehalten.
Wenn doch einmal ein einziges aus der Reihe tanzen würde! Aber
das wäre nicht schäfisch. Schade!
OPPASSE (Aufpassen). Ein Herz und eine Seele sein -
wie schön! Aber Achtung, die Walzerseligkeit könnte sich als
Ärger und Verdruss herausstellen, als Sargnääl möt Köpp.
PREIS. Den Kopf herhalten? Nein, gewisse Leute tragen
den Kopf immer oben, tragen ihn höher und höher, auch wenn
alles um sie herum abstürzt. Sie verlieren zwar ihr Gesicht
dabei; aber was brauchen die schon ein Gesicht?
RICHTERSPROCH. Es ist kein normales Gefängnis, in das
der Richter uns schickt. Wir fühlen uns bei hämmerndem
Gleichmass in unsere eigenen Köpfe und Körper gesperrt.
ALLEEN (Allein). Wenn der Richter mir solch ein Leben
zuteilt - das eben Gehörte klingt noch nach - dann habe ich
hier nichts verloren. Ich muss, allein gelassen, nicht nach
einem Sinn suchen.
BEHELF. Vom Paradies, das Gott uns am Anfang der
Zeiten schenkte, ist nur ein bisschen Himmel auf Erden
übriggeblieben. Wir behelfen uns damit, denn um sterben zu
wollen, ist das Bisschen noch zu viel.
(Maria Porten)
Partitur ZU ERGÄNZEN

Introduktion (Ludwig Soumagne rezitiert seine eigenen Gedichte)
1. et wor ens e Paradies
2. programmässig
3. Spillzeug
4. Motiv
5. Stadtjespräch
6. Inflation
7. Zucht
8. oppasse
9. Preis
10. Richtersproch
11. alleen
12. Behelp
Flyer der Uraufführung am Theater Rigiblick in Zürich, 2011
