Vergessen
Vergessen, 2001
für Tenor und Blockflötenquartett
Text: Durs Grünbein
1. (Von den Tageszeitungen), 2m30
2. Grüsse aus der Hauptstadt des Vergessens, 3m
Dauer
5m30
Uraufführung
8 JUN 2001, Radical Depot Brig (altes Cardinaldepot)
Javier Hagen (Tenor)
Ensemble Pipelife
Andrea Bub
Annegret Friede
Gritli Kohler
Kirsten Christmann (Blockflöten)
Wichtige Folgeaufführungen
29 SEP 2001, Festival für Neue Musik Düsseldorfer Altstadtherbst VII 2001
Javier Hagen (Tenor)
Ensemble Pipelife
Andrea Bub
Annegret Friede
Gritli Kohler
Kirsten Christmann (Blockflöten)
8 JUN 2002, Zürich, Alte Kirche Wollishofen
Livemitschnitt von Schweizer Radio DRS
Javier Hagen (Tenor)
Astrid Knöchlein
Samira El Ghatta
Isabelle Gichtbrock
Eveline Noth (Blockflöten)
Werkkommentar
Bei Texten wie diesen Gedichten von Durs Grünbein, die wie in Marmor gemeisselt sind: formvollendet und vom Inhalt her präzise und aussagestark, bin ich als Musikerin - in Umkehrung des berühmten Mozart-Ausspruchs - gerne der Poesie gehorsame Tochter, dh. es ist mir wichtig, dass die Texte in ihrer Ganzheit erhalten bleiben und die Textverständlichkeit soweit wie möglich gewährleistet ist. Die Frage nach der Gewichtung von Wort und Musik trat bei der ersten gleichzeitigen Verwendung der beiden Elemente bereits auf ist seither nie verstummt. Es war wohl immer klar, dass die Musik auch eine Sprache ist, die die Fähigkeit besitzt "einen Gedanken ohne stützenden Korrespondenzen als in sich sinnvoll darzustellen" (Definition der "musikalischen Prosa" durch Schoenberg). Jede der beiden Sprachen, die gesprochene Sprache wie die Musik, kann ihre Aussage ohne die andere machen, aber, da sie in verschiedenen Hirnhälften entstehen und den Menschen auf verschiedenen Erfahrungsebenen ansprechen, können beide sich auch gleichzeitig äussern und sich gegenseitig ergänzen. Es seien nur ein paar Möglichkeiten der Kombination aufgezählt: Als der erste Mönch den wortlosen Alleluja-Jubilus mit einem Text "unterlegte", hatte er offenbar das Bedürfnis, der streng vorgegebenen gregorianischen Musik eine persönliche Auslegung "hinzuzufügen". Vielleicht brauchte er auch eine Gedächtnisstütze und "versprachlichte" darum die endlosen Tongirlanden. Als die Opernkomponisten im frühen 16. Jh. einen Text "vertonten", wollten sie ihn durch die zusätzlichen Affekte, die die Singstimme und die Instrumental-"Begleitung" zu bieten haben, "verstärken". Die Romantiker schickten die Gedichte "auf den Flügeln des Gesanges" in die Weite. Strawinsky soll bei der Komposition der Psalmensymphonie gesagt haben, er brauche die Stimme nur als "Klangfarbe", die "Information", welche die Worte aussprechen, sei ihm unwichtig. Ich möchte in der vorliegenden musikalischen Arbeit - wieder einmal - spontan und direkt einen Seiltanz zwischen beiden Elementen versuchen: die Information, die durch die Sprache gegeben wird, ist mir wichtig, ebenso aber auch der Klang, den die Lektüre der Texte in mir wachgerufen hat und den ich einzufangen versuche.
(M. Porten)
Partitur ZU ERGÄNZEN

Nr.1 - Von den Tageszeitungen
Livemitschnitt des Konzertes vom 8.6.2002
Aufnahme: Schweizer Radio DRS2
Nr.2 - Grüsse aus der Hauptstadt des Vergessens
Livemitschnitt des Konzertes vom 8.6.2002
Aufnahme: Schweizer Radio DRS2
Nr.1 - Von den Tageszeitungen
Aufnahme mit dem Uraufführungsensemble (Pipelife), 2001
Aufnahme: Marc Seiffge


